Value Proposition statt Featuritis: Mit Nutzenversprechen den Nerv der Zielgruppe treffen

Wichtige Produkteigenschaften, eingebettet in sachliche Texte, gespickt mit Fachjargon – das ist heute noch meist der Standard in der B2B-Kommunikation. Aus dem Neuromarketing wissen wir aber, dass Kaufentscheidungen emotionale Entscheidungen sind, denn – so Hans Georg Häusel – das Emotionszentrum ist das eigentliche Machtzentrum im Kopf. Wie aber können wir das Marketing für Türklinken, Abfüllmaschinen oder Bagger emotionalisieren? Ein Ansatz und gutes Werkzeug ist das Value Proposition-Konzept von Strategyzer, das bereits bei der Produktentwicklung den Blick auf die emotionalen Kundenbedürfnisse lenkt und uns im Marketing unterstützt, die richtigen Botschaften zu finden.

• Was ist eine „Value Proposition“ – ein Nutzenversprechen?

Eine Value Proposition formuliert den Mehrwert und Nutzen, den Kunden durch ein Produkt oder eine Dienstleistung erhalten:

  • Die Nutzung des Produktes verbessert das Leben des Kunden oder löst sein Problem.
  • Die Nutzung des Produktes bietet charakteristische Vorteile für eine Anforderung.

Die Value Proposition beschreibt ein Produkt nicht anhand der technischen Features. Sie fokussiert sich auf die Kundenbedürfnisse, die das Produkt erfüllt und es so attraktiv für den Kunden machen. Voraussetzung dafür ist natürlich, dass diese Bedürfnisse wirklich klar sind.

 

Ein Beispiel aus der Apple-Welt: „10,000 songs in your pocket“

Welcher Hersteller schafft es, dass Hunderte von Menschen Schlange stehen, um als erster ein neues Produkt in den Händen zu halten? Das kann nur Apple. Und: Das liegt auch an der Art und Weise, wie Apple Produkte entwickelt und vermarktet. Als Ende 2001 der erste iPod auf den Markt kam, warb Apple nicht mit den für die damalige Zeit tollen Features wie 5GB Speicherplatz, nur 4″ groß oder die intuitive Bedienung.

Nein, Apple reduzierte seine Aussage auf den Kundennutzen: 10.000 Songs, die du immer dabei haben kannst. So viel Musik in einem kleinen Gerät, gekoppelt an eine Musikplattform (iTunes) und einem genial einfachen Interface konnte sonst niemand bieten. Damit traf Apple den Nerv einer Generation und revolutionierte den damaligen Musikmarkt.

Wie entwickelt man eine Value Proposition?

Eine gute Methode ist das von Strategyzer entwickelte Value Proposition Canvas. Auf diesem Canvas werden Kundenprofil und Value Map einander gegenüber gestellt.

  • Das Kundenprofil beschreibt die Zielgruppe. Es zeigt Aufgaben, gewünschte Resultate und Probleme der Kunden.
  • Die Value Map zeigt Produkte und Leistungen und wie sie Kundenprobleme lösen oder Resultate liefern.

Idealerweise gibt es Übereinstimmungen: die Leistungen/Produkte schaffen Kundengewinne oder sie lösen Kundenprobleme. Diese Eigenschaften sind die Basis der Value Proposition. Sie werden in drei Schritten entwickelt.

 

Schritt 1: Features und Jobs

Bei dieser Betrachtung gleichen wir unser Produktangebot (Features) mit den Erwartungen des Kunden (Jobs) an das Produkt ab. Umfasst unsere Leistung alles, was der Kunde braucht?

  • Features
    Dies ist einfach eine Produktbeschreibung mit all seinen Features und wie das Produkt den Kunden hilft, funktionale, soziale oder emotionale Aufgaben zu erfüllen oder ihnen hilft, Grundbedürfnisse zu befriedigen.
  • Jobs
    Jobs beschreiben die Dinge, die Kunden bei ihrer Arbeit oder in ihrem Leben erledigen möchten.

Dies ist der einfachste Part der Entwicklung, denn er bleibt weitgehend auf der faktischen Ebene. Hier komme ich – um bei dem Apple-Beispiel zu bleiben – auf die Featureliste:

  • 5GB Speicherplatz
  • nur 4″ groß
  • intuitive Bedienung
  • Online Plattform für die Verwaltung der Songs
Schritt 2: Gain Creators und Gains

„No one ever got fired for buying an IBM.“ Das war ein beliebter Spruch zu Beginn der Computer-Ära. Verantwortliche griffen zu der Lösung, die Ihnen auch persönlich nützlich war, den IBM-Computern. Denn IT-Sicherheit für das Unternehmen war gleichbedeutend mit persönlicher Job-Sicherheit. Um diesen Blick auf die Produktvorteile geht es bei den Gains – einmal aus der Perspektive des Produktes und dann aus dem Blickwinkel des potenziellen Kunden.

  • Gain Creators: Wie macht das Produkt das Leben/den Job des Kunden leichter?
    Welchen Eigenschaften des Produktes / der Leistung erfüllen die Wünsche der Kunden und sorgen dafür, dass diese ihre Aufgaben gut lösen können. Gute Bedienbarkeit, um effizienter sein? Oder Imagegewinn unter den Kollegen, weil das Produkt das Ansehen der Person steigert, wie zum Beispiel ein High-Class Smartphone?
  • Gains: Welche Vorteile wünschen oder erwarten sich die Kunden?
    Hier finden wir heraus, was dem Kunden wichtig ist:

    • Welche Einsparungen würden unsere Kunden glücklich machen?
    • Was würde unseren Kunden die Arbeit oder das Leben leichter machen?
    • Was sichert den Job, was steigert Macht oder Status?

Fragen diese Art lassen sich übrigens sehr gut durch Zielgruppen-Befragungen beantworten.

Mit iPod schuf Apple mehrere „Kundengewinne“:

  • ein besonders kleiner Device → wenig Gewicht, passend für jede Tasche
  • mit einer externen Datenverwaltung auf dem Mac oder Computer → leicht bedienbar
  • über iTunes Zugang zu jedem Musiktitel, den der Nutzer sich wünschte.
 

Schritt3: Pain Relievers und Pains

Die Pain Relievers gehen noch einen Schritt weiter. Sie beschreiben diejenigen Produktvorteile, die ein Kunde gar nicht erwartet hätte.

  • Pain Relievers: Wie löst unser Produkt die Probleme unseres Kunden?

Hier steht die Frage an erster Stelle: Was ist an unserer Lösung besser als bei vergleichbaren Angeboten? Und an zweiter Stelle, die impliziten Vorteile eines Produktes, die oft hinter den Features zurücktreten.

  • Vermittelt die Lösung dem Kunden ein besseres Gefühl, indem sie beispielsweise Frustrationen oder andere Dinge, die ihm oder ihr Kopfschmerzen bereiten, verhindert oder lindert?
  • Vermeidet das Produkt häufige Fehler, die der Kunde macht

 

  • Kunden-Pains: Vor welchen Herausforderungen stehen die Nutzer des Produktes?

Die Pains geben Antworten auf diese Fragen: Was hindert den Nutzer daran, seine Aufgabe gut zu erfüllen? Welche Probleme stellen sich ihm dabei in den Weg? Hierbei stehen vor allem „weiche“ Faktoren im Vordergrund, also wie er sich bei der Nutzung des Produktes fühlt, welchen Schwierigkeiten er bei der Erfüllung seines Jobs begegnen. Hier zwei Fragebeispiele:

  • Was sind die Hauptschwierigkeiten und Herausforderungen, auf die Ihre Kunden stoßen? Verstehen sie, wie die Dinge funktionieren, haben sie Schwierigkeiten, bestimmte Dinge zu erledigen, oder sträuben sie sich aus bestimmten Gründen gegen bestimmte Aufgaben?
  • Welche negativen sozialen Konsequenzen erleben oder befürchten Ihre Kunden? Haben sie Angst vor einem Gesichts-, Macht-, Vertrauens- oder Statusverlust?

Auch bei den Pains konnte der iPod punkten:

  • iPod-Besitzer erwarben mit dem Device auch einen besonderen Coolness-Faktor
Romy Reichardt

Romy Reichardt

Senior Consultant Branded Content

Seit über 10 Jahren Content Expertin bei salient doremus mit Schwerpunkt Content Strategie, Content Usability und Coachings für Online-Redaktionen. Durch Ihre Arbeit in großen Unternehmen, wie Leo Burnett oder P&G weiß sie, was Content online leisten muss um Kunden wirklich zu überzeugen. Ihr Credo: Content isn't King – Content ist Vertrieb!

Value Propositions – der Blick auf die emotionale Seite des Verkaufens

In der B2B-Kommunikation verleitet die Annahme, dass hier Experten mit Experten sprechen, dazu, die emotionale Seite bei Produktentscheidungen zu vernachlässigen. Wie auch im B2C unterscheiden sich Angebote nur noch marginal: 86 % von mehr als 9.000 Befragten in einer Google-Studie sahen nur marginale Abweichungen in den Angeboten und sind nicht bereit dafür mehr zu bezahlen. Die Auswahl fällt dann auf das Angebot, das auch persönliche Vorteile verspricht.

… der B2B Einkäufer sehen kaum
Unterschiede in den faktischen
Leistungsangeboten von Lieferanten
und sind nicht bereit für marginale
Unterschiede mehr zu bezahlen.

Quelle: thinkwithgoogle.com

… der B2B Einkäufer entscheiden sich
eher für eine Lösung, die ihnen einen
persönlichen Nutzen versprechen.

… der B2B Einkäufer, die einen
persönlichen Nutzen sehen, sind
bereit einen höheren Preis zu
zahlen.

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Siehe auch:

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