Wo die wahren Unterschiede zwischen Fintechs und etablierten Banken bestehen

Dies sind ein Paar initiale Gedanken, die ich im Meetup ‚Brand Experience auf dem digitalen Finanzplatz’ mit Experten diskutieren werde. Mehr dazu unter www.brand-happens.de(Achtung: Subjektivitität)

Schauen wir mal auf die offensichtlichen Klischees:

  • Banken: Groß, breites Angebot, langsam, ächzen unter Compliance, IT mit langer Historie, Omnikanal, Realeasezyklen.
  • Fintechs: klein, Nische, agil, vermeiden Overhead, IT State of the Art, digital/mobile first, minimum viable product.

Was also hält Privatkunden in Deutschland davon ab, in Scharen zu den neuen Playern zu wechseln? Und ich meine ‚in Scharen‘ und nicht nur 200.000 First Mover. Drei einfache Dinge:

  • Markentreue
  • Unsicherheit
  • und eine speziell deutsche Bräsigkeit in Finanzdingen.

Wo liegen denn die wahren Gründe?

Des Deutschen Dickfelligkeit in Sachen Finanzen
Die Bräsigkeit in Finanzdingen ist geprägt von einer weit verbreiteten Unlust sich mit Finanzplanung auseinanderzusetzen. Heisst es doch nicht umsonst, es gäbe in Deutschland eigentlich nur zwei Tabuthemen: Onanie und Geld. Allerdings wäre es zu einfach und billig, die Ursachen nur den Kunden anzulasten. Denn deren Befindlichkeiten sind letztendlich nur ein Ergebnis jahrzehntelangem Konsums von Finanzkommunikation. Ursache und Wirkung eben.

Unsicherheit in Finanzfragen
Unwissenheit führt zu Unsicherheit. Wer sich ungern mit der Materie auseinandersetzt, entwickelt kein souveränes Gefühl. Anlagethemen, Rente, Baufinanzierung, alles das erarbeitet man sich mühsam mit kleinen Tippelschritten. Vielleicht gerade weil es online so viele Informationen gibt. Auf der Suche nach der ‚wahren’ Lösung geht so mancher verloren. Das steht im krassem Widerspruch zur Tonalität der meisten Kampagnen: dort ist alles ‚happyday‘, einfach, grenzenlos optimistisch – alles in allem schlablonenhaft.

Was fehlt den Kunden?

Selten, dass ich eine Ermunterung lese. Etwa, dass es nicht schlimm ist, Begriffe und Möglichkeiten nicht zu kennen, man wird ja geholfen. Selten, dass Vereinfachungen nicht zu Lasten der Verbindlichkeit gehen. Ein vereinfachtes Modell kann ich eben nicht direkt kaufen. Selten auch, dass Anbahnungsprozesse auf diese Dinge Rücksicht nehmen. So ist der Spread (um mal im Jargon zu bleiben) zwischen Markenversprechen und Markenerlebnis doch ziemlich groß. Und das wiederum macht unsicher.

Zu pauschal?
Dann nehmen wir mal eine ganz simple Sache als Beispiel: ein neues Girokonto. Besagte Großbank bietet es wie folgt an:

Das kostenlose Girokonto¹ […] sichern Sie sich alle Vorteile mit
– X Euro Startguthaben¹
– Dauerhaft keine Kontoführungsgebühren bei belegloser Kontoführung¹
– Sofortiger Zugriff auf Ihr Online Banking, Konto-Umzugsservice, Innovative Apps mit digitalem Haushaltsbuch usw.

Na? Sehen Sie es? genau: der Sternchentext. Der sagt in 7pt Verdana, Mittelgrau:
Kostenlos nur bei privater Nutzung, mind. x € monatl. Geldeingang, sonst x € je Monat, und belegloser Kontoführung, sonst x € je Inlands-/SEPA-Überweisung. x € Startguthaben nach 3-monatiger Kontonutzung (mind. x monatl. Buchungen über je x € oder mehr) und wenn seit 24 Monaten kein Zahlungsverkehrskonto besteht

Puh. Gibt Ihnen das Sicherheit? Mal abgesehen von der umständlichen Produktkommunikation, die es zuerst allen recht machen will und die im Disclaimer die Bedingungen wieder verschärft, was sagt mir das über den Anbieter? Lese ich Angebote des Anbieters mit einem entspannten, offenen Gefühl? Oder bin ich leicht angespannt, weil ich ja immer lunsen muss, ob mir nicht eine Bedingung entgeht? Auch das macht unsicher.

Was bleibt? Die Markentreue als Kundenbindungstool

Deutschlands Publikumsbanken haben ein recht treues Kundenpublikum, allen Unkenrufen zum Trotz. Das erste Konto – als Schüler eröffnet – wird weiterhin genutzt. Das ist keine Seltenheit. Hach. Wenn nur nicht diese hippen, sehr charmanten, gut aussehenden und einfach verständlichen neuen Anbieter wären.

  • Die reden Klartext (zumindest klingt es danach) und Umgangsprache.
  • Die kommen auf den Punkt.
  • Und die vermeiden auch so manches * im Text, so muss ich nicht mehr überall auf der Hut sein.

Aber: kann ich den Marken trauen? Wie lange gibt es denn die schon? Reicht mir das, um mein Finanzleben in deren Hände zu legen? Entweder folgt hier der Erikativ, das ‚Grübel‘ oder ein schlichter Seufzer, der den vermeintlichen Interessenten doch lieber bei seinem angestammten Anbieter bleiben lässt.

Reicht das fürs dauerhafte Überleben klassischer Finanzmarken?

Das klingt jetzt so, als ob sich die etablierten Anbieter darauf ausruhen könnten. Also noch mal: Wo liegen die für Kunden erkennbaren Unterschiede zwischen Fintechs und etablierten Banken?

Grob vereinfacht so:

  • Fintechs: Marke = Produkt = Markenverhalten: Kongruenz zwischen Markenversprechen und Erlebnis
  • Banken: Marke ≠ Produkt ≠ Erlebnis: Gap zwischen Markenversprechen und Erlebnis

Sicherlich ist es einfacher für einen Anbieter mit gerade mal 1 bis 2 Angeboten, als für einen Allfinanz-Anbieter mit hunderten Angeboten, Differenzierungen und jede Menge Ausnahmen von der Regel.

Aber das interessiert die Kunden nicht!

Die wollen mit gutem Gefühl das: Marke = Versprechen = Erlebnis.

Peter Biler

Peter Biler

Brand & Business Developer

Als bekennender Anhänger des Neuromarketings hat er sich früh auf die wirtschaftliche Dimension von digitaler Kommunikation fokussiert. Er weiß, dass zielgruppengerechte Maßnahmen, die das Kerngeschäft voranbringen, auch einen ROI bringen. Seine Mission: Deutsche Mittelständler im globalen Wettbewerb, auch in der Markenkommunikation zu Marktführern zu machen.

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Siehe auch:

Mehr Gefühl wagen: kundennahe Entwicklung im Finanzbereich

(Lesezeit: 2 Minuten)