Zeigen was Architektur faszinierend macht
Das ist das Credo von Diplom Fotograf und Dozent Jörg Hempel. Seit über dreißig Jahren fotografiert er Architektur und jagt den „magischen Moment“. Architekten schätzen seine Arbeit und zählen zu seinen treuesten Auftraggebern. Das Interview führte Alexander Gerling.
Gerling: „Herr Hempel, wie kamen Sie zur Architekturfotografie?“
Jörg Hempel: „Ich bin seit meiner Jugend sehr interessiert an Fotografie und Architektur, wollte nach der Schule dann Fotografie studieren. Meine Eltern bestanden jedoch darauf, dass ich erst einmal eine Ausbildung mache. Da ich an der handwerklichen Ausbildung zum Fotografen kein Interesse hatte, absolvierte ich eine Tischlerlehre. Danach begann ich mit dem Studium Fotodesign in Dortmund und schloss dort mit Diplom in Fotografie ab.“
Gerling: „Wie lange sind Sie als Fotograf mit diesem Schwerpunkt tätig?“
Jörg Hempel: „Seit 1991 bin ich freischaffend mit Büro in Aachen tätig, schon meine ersten Aufträge bekam ich von Magazinen und Architekten“
Gerling: „Was fasziniert Sie an der Architekturfotografie?“
Jörg Hempel: „Spannend finde ich an der Architekturfotografie ein dreidimensionales Gebäude auf ein zweidimensionales Bild zu reduzieren. Es ist immer wieder ein Erlebnis, Gebäude in Bilder umzusetzen. Da ich eine enge Verbindung zur Architektur habe, ist es mir stets wichtig, die Idee des Architekten im Bild zu transportieren. Jedes Bauwerk erzählt eine Geschichte – und die möchte ich in das Foto „einschmelzen“.
Gerling: „Was ist der schwierigste Teil bei Ihren Projekten? Auf welche Hürden stoßen Sie immer wieder?“
Jörg Hempel:„Für ein gutes Architekturfoto ist meist auch Improvisation nötig, denn fast nie sind alle Bedingungen perfekt. Ein wichtiger Faktor ist das Verhältnis zwischen Architekt und Bauherr, gibt es hier Spannungen, dürfen schon mal bestimmte Bereiche nicht fotografiert werden. Und manchmal ist es nicht möglich, zu den gewünschten Zeiten zu arbeiten oder es zu organisieren, dass etwa für eine Nachtaufnahme die gewünschten Lichter eingeschaltet werden.“
Gerling: „Was macht das perfekte Architekturfoto aus? Wie muss ein Bild aussehen, damit Sie zufrieden sind?“
Jörg Hempel: „Wie schon erwähnt, ist es mir besonders wichtig, die Idee des Architekten mit dem Foto zu transportieren.“
Gerling: „Ungeübte Betrachter sehen oft nicht die Qualität guter Fotografie. Was würden Sie diesen Laien raten, woran sie Qualität erkennen?“
Jörg Hempel: „Wir leben in einer medialen Welt, die Mehrheit der Betrachter erkennt in der Regel ein gutes Architekturfoto. Das zeigt sich sofort an der Reaktion!“
Gerling: „Wie ist Ihre Herangehensweise bei einem neuen Projekt?“
Jörg Hempel: „Um ein Angebot abgeben zu können, erhalte ich meist einen Plan oder Baustellenfotos des Gebäudes. Auf dieser Basis werden dann die Eckpunkte für die wichtigsten Aufnahmen besprochen.
Beim Fototermin mache ich zuerst einen Rundgang , bei dem wir dann auch festlegen wann welche Aufnahmen gemacht werden sollten und was es dazu im Vorfeld zu arrangieren gibt, zum Beispiel Zugang, Licht, etc. “
Gerling: „Nutzen Sie eine spezielle Ausrüstung?“
Jörg Hempel: „Ja. Ein Architekturfotograf verfügt schon über eine spezielle Ausrüstung. Hochauflösende Kameras, Drohnen, Shift-Objektive gehören heute zum Werkzeug eines Architekturfotografen, aber sie sind natürlich „nur“ Mittel zum Zweck.“
Gerling: „Wie stark bearbeiten Sie Ihre Bilder nach?“
Jörg Hempel: „Die Nachbearbeitung gehört ebenso zu den Werkzeugen der Fotografie dazu. Wo bei der analogen Fotografie nach dem Entwickeln Schluss war, beginnt bei der digitalen Fotografie ein weiterer Bearbeitungsschritt. Diese Möglichkeiten fliessen natürlich auch in meine Fotografie mit ein, so plane ich Motive gezielt indem ich mehrere unterschiedliche Belichtungen oder Standpunkte in einem Bild verschmelze.“
Gerling: „Was empfehlen Sie Architekten und Unternehmen, wenn kein Budget für professionelle Architekturfotografie vorhanden ist?“
Jörg Hempel:„Bei professionellen Architekten und Unternehmen gibt es immer ein Budget für Fotografie, das ist von Anfang an mit eingeplant. Mitunter wird es leider bei steigenden Baukosten gekürzt. Jedem Bauherrn und Architekten ist jedoch klar: Werden kurz nach Fertigstellung keine professionellen Fotos beauftragt, sind diese später entweder gar nicht mehr oder nur mit deutlich erhöhtem Aufwand möglich.“
Professionelle Architekturfotos sind im Vergleich zu den Baukosten nur ein sehr geringer Posten. Die Bilder werden noch lange nach Fertigstellung z.B. als Referenz oder zur Bewerbung für Mietinteressenten genutzt, obwohl die Immobilie in der Zwischenzeit bereits Gebrauchsspuren aufweist.“
Gerling: „Was wird sich in den nächsten fünf bis zehn Jahren ändern – gibt es einen Trend? Wird etwa das Video das unbewegte Bild in der digitalen Kommunikation verdrängen?“
Jörg Hempel: „Es gibt immer wieder neue Trends, wie 360 Grad Ansichten, Luftaufnahmen mit Drohnen, Film. Gerne beschäftige ich mich auch mit solchen Themen, zum Beispiel beim Film arbeite ich dann im Team und bringe die Kompetenz aus dem Architekturverständnis mit ein.
Das sind alles jedoch eigene Kategorien, und bedienen unterschiedliche Medien. Ein Film wird meist nur beauftragt, wenn das Budget groß genug ist, denn ein professioneller Film ist deutlich teurer als professionelle Fotos.“
Gerling: „Auf welche zwei, drei Architektur-Projekte, die Sie fotografiert haben, sind Sie besonders stolz und warum?“
Jörg Hempel: „Neben meinen Auftragsarbeiten sind es auch meine freien Projekte, in denen ich mich mit der Konnotation von Architektur beschäftige. Zum Beispiel mit der Serie „Manegen der Macht“ in der ich die Parlamentsgebäude der Nationalstaaten der Europäischen Union zeige: durch den Vergleich der jeweiligen gebauten politischen Identität eines Landes, möchte ich die komplexe politischen Entscheidungsfindung innerhalb der Europäischen Gemeinschaft visualisieren.
Gerling: „Vielen Dank Herr Hempel, für das Gespräch.“
Kurzprofil
Nach Tischlerlehre und Fotodesign-Studium an der FH Dortmund ist Jörg Hempel seit 1991 als freischaffender Diplom-Fotodesigner mit Büro in Aachen tätig. Zu seinen Kunden zählen Architekturbüros, Unternehmen, Magazine und Werbeagenturen im In- und Ausland.
Er ist seit 1994 Mitglied im BFF (Berufsverband Freie Fotografen und Filmgestalter e.V.), seit 1991 im DJV (Deutscher Journalisten Verband) und seit 2019 im BVAF (Bundesverband Architekturfotografie e.V.).
Seit 2007 lehrt er Architekturfotografie im Masterstudiengang AMM – Architektur und Media Management (HS Bochum), seit 2015 zusätzlich an der FH Aachen, und seit 2019 an der TH Köln (FB Architektur). Voraus gingen mehrere Lehraufträge an der FH Dortmund und der Hochschule Rhein-Main.
Werkberichte über seine Arbeiten erschienen unter anderem in den Zeitschriften Photo International, photonews, Fotomagazin und Zoom Italia, besonders seine Arbeiten über Europäische Parlamentsarchitektur und Bibliotheken wurden in zahlreichen nationalen und internationalen Ausstellungen gezeigt.
Sein Büro beschäftigt zwei Mitarbeiter und einige freie Assistenten, er arbeitet mit verschiedenen digitalen Kamerasystemen von Phase one, Silvestri, Sinar, Hasselblad, Canon und Nikon, je nach Auftrag und Anforderung.
Panel-Insights: Kurz nach Fertigstellung eines Bauwerks sind professionelle Fotos ein Muss.
Denn nur zu diesem (frühen) Zeitpunkt fallen keine Zusatzkosten für Fotos ohne Gebrauchsspuren an. Später ist fotografieren oft nur noch eingeschränkt oder nur mit deutlich erhöhtem Aufwand möglich.
Bilder emotionalisieren und nehmen einen großen Raum in der Kommunikation von Unternehmen ein. Deshalb möchten wir mit unserer Reihe „Inspirierende Fotografien“ für dieses Thema sensibilisieren und stellen verschiedene Fotografen und ihre Arbeiten vor.
Albrecht Voss | Referenzen aufwerten durch professionelle Fotografie
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Alexander Gerling
Gründer und Geschäftsführer von salient doremus.
Experte für 3D-Content mit Schwerpunkt hochauflösende HDRI Visualisierungen, WebGL und didaktischer Animation. Er vereint technisches Verständnis, räumliches Vorstellungsvermögen und fotografische Fähigkeiten. Seit vielen Jahren aktiv umsetzend kennt er Prozesse, Formate und Fallstricke bei der Verwendung großer Datenmengen. Er ist kompromisslos im Detail, verliert nie den Blick für das Große Ganze und denkt auch in interaktiven Kategorien. Sein Anspruch: Virtuelle Welten, die der Realität in nichts nachstehen.